Nach Schätzungen der Finanzverwaltung entstehen jährlich Steuerausfälle in Milliardenhöhe durch manipulierte elektronische Kassen. Ende Dezember 2016 trat das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen in Kraft. Der Gesetzgeber will damit den vermuteten Steuerausfällen entschieden entgegentreten.
In der Ausgabe 2/2016 hatte Land & Wirtschaft über den damaligen Gesetzesentwurf berichtet. Im Verlauf des Gesetzgebungsprozesses ergaben sich noch wesentliche Änderungen. Diese gesetzlichen Neuregelungen stellen sich wie folgt dar:
Pflicht zur täglichen Kassenführung
Kasseneinnahmen und -ausgaben sind ab Anfang 2017 täglich festzuhalten. Die bisherigen Gesetzesformulierung ließ bei nicht taggenauer Kassenführung immer noch einen kleinen Spielraum zur Interpretation. Dieser ist nun vollständig entfallen: Ab 2017 muss täglich nach Geschäftsschluss für jede eingesetzte Kasse ein Kassenabschluss vorgenommen werden.
Offene Ladenkassen weiter zulässig
Nach wie vor existiert keine Pflicht zur Nutzung eines elektronischen Kassensystems, das heißt auch weiterhin können Sie eine sogenannte offene Ladenkasse verwenden. Beim Verkauf von Waren an unbekannte Personen besteht beim Einsatz offener Ladenkassen anders als beim Einsatz elektronischer Kassen keine Einzelaufzeichnungspflicht (siehe unten). Allerdings hat der Gesetzgeber bewusst die Formulierung „Waren“ gewählt. Ob entsprechend dem Wortlaut des Gesetzes bei Dienstleistungen, die über eine offene Ladenkasse kassiert werden, eine Einzelaufzeichnungspflicht besteht oder nicht, wird aktuell in der Fachliteratur kontrovers diskutiert. Des Weiteren besteht für beim Einsatz offener Ladenkassen auch ab 2020 keine Verpflichtung, den Kunden einen Beleg auszuhändigen (siehe weiter unten). Infolge der drastischen Verschärfungen wird allgemein erwartet, dass die Finanzverwaltung zukünftig auch beim Einsatz offener Ladenkassen noch genauer auf die Einhaltung der vorgeschriebenen Formalien achten wird.
Einzelaufzeichnungspflicht
Wenn Sie ein elektronisches Kassensystem einsetzen, unterliegen die damit kassierten Einnahmen ab Anfang 2017 einer strengen Einzelaufzeichnungspflicht. Betroffen hiervon sind insbesondere alle elektronischen Registrierkassen, PC-Kassen und Waagen mit Kassenfunktion. Es müssen zwar nicht sämtliche Namen und Anschriften der Kunden aufgezeichnet werden, aber es muss aus den elektronischen Aufzeichnungen im Kassensystem eindeutig hervorgehen, welche Waren im Einzelnen veräußert oder welche Dienstleistungen im Einzelnen erbracht wurden. Eine rein summenmäßige Zusammenstellung über den Tag hinweg und eine Zusammenfassung nach Geschäftsschluss ist nicht zulässig.
Neue Prüfungsmethode: Kassennachschau
Ab 2018 können Finanzbeamte ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten Geschäftsgrundstücke oder Geschäftsräume betreten, um eine Kassennachschau durchzuführen. Auf Verlangen der Finanzamtsprüfer müssen die Unternehmer Aufzeichnungen, Bücher sowie die für die Kassenführung nötigen sonstigen Unterlagen, wie zum Beispiel Bedienungsanleitungen und Programmierprotokolle, vorlegen und Auskünfte erteilen. Elektronische Kassendaten sind in elektronischer Form vorzulegen. Die Finanzbeamten dürfen Kassiervorgänge auch in den Geschäftsräumen beobachten, die den Kunden zugänglich sind, ohne sich vorher ausweisen zu müssen. Auch verdeckte Testkäufe sind zulässig.
Fiskalspeicher, Belegausgabepflicht und Kassenregistrierung
Ab 2020 dürfen nur noch elektronische Kassensysteme verwendet werden, die jeden Kassenvorgang zehn Jahre protokollieren und abspeichern. Auch für Land- und Forstwirte, die ein abweichendes Wirtschaftsjahr haben, gilt diese Neuregelung ab Beginn des Kalenderjahres 2020.
Jedes elektronische Kassensystem ist ab 2020 durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung zu schützen. Die Detailanforderungen zur technischen Ausgestaltung dieser sogenannten Fiskalspeicher wurden von der Bundesregierung noch nicht festgelegt.
Darüber hinaus muss ab 2020 bei Einsatz eines elektronischen Kassensystems jedem Kunden ein Beleg ausgehändigt werden. Der Beleg muss in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Kassiervorgang erstellt werden. Dem Kunden ist der Beleg zwar zur Verfügung zu stellen, eine Verpflichtung zur Mitnahme besteht aber nicht.
Außerdem führt der Gesetzgeber eine Registrierungspflicht ab 2020 für sämtliche elektronischen Kassensysteme ein. Wenn Sie ein elektronisches Kassensystem nutzen, haben dem örtlich zuständigen Finanzamt ab 2020 auf amtlichem Vordruck Folgendes mitzuteilen:
Namen und Steuernummer
Art der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung
Anzahl der eingesetzten elektronischen Kassensysteme
Anschaffungsdatum, Art/Typ und Seriennummer jedes einzelnen elektronischen Kassensystems
Datum der Außerbetriebnahme eines elektronischen Kassensystems
Elektronische Kassensysteme, die bereits vor dem 1. Januar 2020 angeschafft wurden, müssen der Finanzverwaltung bis zum 31. Januar 2020 gemeldet werden. Danach muss grundsätzlich innerhalb eines Monats, nachdem ein Kassensystem neu angeschafft oder außer Betrieb genommen wurde, der Finanzverwaltung eine Meldung gemacht werden.
Wenn Sie in Ihrem Unternehmen Barumsätzen tätigen, müssen Sie sich auf die gesetzlich verschärften Rahmenbedingungen einstellen: Elektronische Kassensysteme, die vor 2020 angeschafft wurden und den Anforderungen zukünftig nicht mehr entsprechen und die auch nicht entsprechend nachrüstbar sind, dürfen Sie noch längstens bis zum 31. Dezember 2022 weiter einsetzen. In allen anderen Fällen muss ab Anfang 2020 das Kassensystem den neuen gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Alle betroffenen Unternehmen sollten sich deshalb mit der Nachrüstung bestehender Systeme und/oder einer eventuell notwendigen Neuanschaffung zeitnah auseinandersetzen.